Wenn schon, dann wirklich wütend werden

Wenn schon, dann wirklich wütend werden

Man erlebt es in Verhandlungen immer wieder: Einer der Verhandlungspartner wird angesichts des Vorschlags seines Verhandlungspartners (scheinbar) wütend. Gerade in Vergleichsverhandlungen vor Gericht geschieht dies immer wieder, dass ein Anwalt meint, sich angesichts des Angebots der Gegenseite empört geben zu müssen.

Wenn der Ärger bzw. die Wut nicht echt ist, sondern nur vorgespielt, ist dieses Verhalten eher kontraproduktiv. Forscher haben das experimentell untersucht. Das Ergebnis war eindeutig,. Bei gespieltem Ärger reagierte die Gegenseite mit deutlich höheren Forderungen als bei neutralem emotionalem Verhalten.

War der Ärger oder die Wut allerdings echt, so wurde dies von den Verhandlungspartnern sehr wohl vermerkt und die Gegenforderungen fielen niedriger aus als bei neutralem Verhalten.

Ein weiterer Effekt bei vorgespielter Empörung war ein messbarer Vertrauensverlust. Da aber ein gutes Verhandlungsergebnis letztlich nur erzielt werden kann, wenn es gelingt, zwischen den Verhandlungspartnern Vertrauen aufzubauen, ist vorgespielter Ärger auch in dieser Hinsicht nicht zielführend.

Daher lassen Sie es besser sein, sich künstlich über ein Verhandlungsangebot der anderen Seite aufzuregen. Es bringt bestenfalls nichts und schadet normalerweise. Sachlich wird immer noch am besten verhandelt. Und wenn sich der gegnerische Kollege bei der nächsten Vergleichsverhandlung über Ihr Angebot echauffiert, weisen Sie ihn auf die Forschungsergebnisse hin.

Den Artikel im Journal of Experimental Social Psychology finden Sie hier.

Gerfried Braune

Assessor jur. & zertifizierter Mediator Ringstr, 49, 66130 Saarbrücken, Telefon +49 6893 986047 Fax +49 6893 986049, Mobil +49 151 40 77 6556
Ein Gedanke zu „Wenn schon, dann wirklich wütend werden
  • Trino 20. Februar 2013 um 13:39

    Mal wieder ein typischer Fall von Scheinkorrelation: wenn mein Ärger echt ist, merkt das die Gegenseite, fürchtet sich (oder was auch immer) und das Verhandlungsergebnis fällt für mich besser aus. Wenn ich mich aber künstlich aufrege, merkt das die Gegenseite auch und bleibt tendentiell eher unnachgiebig !?!?

    Pustekuchen, umgekehrt wird ein Schuh draus: wenn die Gegenseite überzogene/unverschämte Forderungen stellt, dann ärgert mich das wirklich …

    Beispiel 1:

    A bietet für das Auto (realer Wert 1.000 €) des B 900 €. B spielt den Verärgerten, weil sein Auto ja angeblich 2000 € wert sei. Hilft nichts, man einigt sich auf 1.000 €, den auch A weiß, was das Auto wert ist.

    Beispiel 2:

    A bietet 100 € für das Auto. B wird echt sauer weil ein solches Angebot eine Frechheit ist, immerhin ist das Auto 1.000 € wert. A merkt, dass er sein Blatt überreizt hat und bietet schnell 1.000 € …

    Kann man jetzt daraus schließen, dass B von seinem „echten Ärger“ profitiert?

    Obige Studie in die Tonne kloppen !!

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