Der wichtigste Punkt bei der Verhandlungsvorbereitung ist das Herausfinden der Nichteinigungsalternative (NEA) oder neudeutsch BATNA (Best Alternative to a Negotiated Agreement). Das sind die Alternativen, die ich ohne Verhandlung habe oder wenn die Verhandlung scheitert. Eine gute Nichteinigungsalternative stärkt meine Verhandlungsposition immens.
Wenn ich mein altes gebrauchtes Auto verkaufen will und habe einen Käufer, der mir 2.000 € bietet, werde ich weit besser mit einem Interessenten verhandeln können, der nur 1.900 € bietet.
Leider machen sich die wenigsten Leute, die in eine Verhandlung gehen, wirklich intensiv Gedanken um diese Nichteinigungsalternative. Wenn ich mit meinem Chef über eine Gehaltserhöhung oder eine Beförderung verhandle, sollte ich realistisch überprüft haben, ob es auf dem Arbeitsmarkt derzeit Stellen gibt, die besser bezahlt sind. Wenn ich keine Nichteinigungsalternative habe, bin ich schlicht erpressbar. Wenn im Urlaub in Indien Ihr Sohn von einer giftigen Schlange gebissen worden ist und es in der Nähe nur eine Person gibt, die das passende Serum hat, so haben Sie keine Alternative und werden im Zweifel jeden Preis zahlen.
Diese Nichteingiungsalternative sollten Sie aber konkret und realistisch überprüfen. Viele unterstellen optimistisch, dass es genügend Alternativen gibt, ohne das überprüft zu haben. Anschließend merken sie, dass es doch keine alternative Arbeitsstelle gibt und sind dann auf einmal arbeitslos, weil sie in der (falschen) Gewissheit, es gibt genügend Stellen, zu hoch gepokert haben.
Hierbei sollte man auch berücksichtigen, dass die meisten Menschen ihre eigene Position und ihre eigenen Fähigkeiten viel zu optimistisch einschätzen. So meinten ca. 80 % der französischen Männer, überdurchschnittlich gute Liebhaber zu sein (das ist schon rechnerisch unmöglich). Das gilt auch in Verhandlungssituationen. Auch die eigene Verhandlungsposition wird in der Regel stärker eingeschätzt, als sie tatsächlich ist. Man tut also gut daran, die eigene Verhandlungsposition kritisch zu überprüfen. Das gilt insbesondere hinsichtlich der Nichteinigungsalternative. Wie realistisch ist die Existenz dieser Alternative überhaupt? Und wenn sie existiert, wie sicher und wahrscheinlich ist sie?
Je mehr Nichteinigungsalternativen Sie haben und je attraktiver Sie sind, desto weniger sind Sie auf das Ergebnis einer Verhandlung angewiesen. Das Verhandlungsergebnis ist nur dann für Sie interessant, wenn es gegenüber der Nichteinigungsalternative einen Mehrwert enthält. Andernfalls sollten Sie die Nichteingiungsalternative wählen und die Verhandlung abbrechen.
Diese Punkte sollten Sie auch als Mediator bedenken, auch wenn Sie nicht selbst an der Verhandlung als Parteien beteiligt sind. Es ist durchaus interessant, mit den Konfliktparteien in der Mediation (Mediation ist ja eine von dem Mediator geleitete Verhandlung zwischen den Konfliktparteien) deren Nichteinigungsalternative zu erarbeiten. Das hilft den an der Mediation beteiligten Personen, ihre eigene Verhandlungsposition realistisch einzuschätzen und eröffnet auch neue Perspektiven für die Mediation.
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