Nun ja, wenn Sie Rechtsanwalt sind, hoffentlich recht viel Zeit. Anwälte leben ja – zumindest wenn sie forensisch tätig sind – von Konflikten. Nein, wenn Sie ganz durchschnittlicher Arbeitnehmer sind? Nach einer Studie der Unternehmensberatung CPP aus dem Jahr 2008 hat ergeben, dass in Deutschland ein Arbeitnehmer wöchentlich 3,3 Stunden mit Konflikten beschäftigt ist. Bei durchschnittlichen Arbeitskosten von 36,28 € gemäß dem Institut der Deutschen Wirtschaft ergibt dies pro Arbeitnehmer einen monatlichen Ausfall von knapp 440 €. Und dies gilt nur für einen durchschnittlichen Arbeitnehmer mit durchschnittlichem Einkommen. Geht man davon aus, dass diejenigen, die in der Hierarchie höher stehen, sich mehr mit Konflikten beschäftigen müssen und deren Arbeitskosten erheblich höher liegen, kann man sich vorstellen, dass durch Konflikte erhebliche Ressourcen verbraucht werden.
Und dies ist nur ein Bereich, in dem Konflikte Kosten verursachen. Hier ist noch nicht berücksichtigt, dass Arbeitnehmer in konflikthaften Situationen nicht ihre volle Arbeitskraft einsetzen können. Verursacht ein Konflikt Mitarbeiterfluktuation, so entstehen dem Unternehmen weitere Kosten für Personalsuche, Bindung von Arbeitszeit in der Personalabeilung, Einarbeitung eines neuen Mitarbeiters. Konflikte verursachen ferner krankheitsbedingte Fehlzeiten, die sich durch die Entgeltfortzahlung direkt auswirken. Kosten können weiter durch kontraproduktives und betriebsschädigendes Verhalten entstehen oder durch Kosten von Kontrolleinrichtungen.
Die Konfliktkostenstudie von KPMG hat außer dem Bereich Person noch zwei weitere Bereiche ausgemacht, in denen Konfliktkosten entstehen. Das sind einmal im Bereich Team Kosten durch Kundenfluktuation. Dies sind oft Kosten, die völlig unbemerkt entstehen und die auch nur schwer quantifizierbar sind. Ferner können ganze Projekte aufgrund von Konflikten scheitern. Und nicht zuletzt entgehen dem Unternehmen Umsätze und Gewinn durch entgangene Aufträge.
Weitere Konfliktkosten haben die Unternehmensberater von KPMG im Bereich Organisation herausgefunden. Dies sind zunächst die leicht festzustellenden und quantifizierbaren Kosten von arbeitsrechtlichen Sanktionen bis hin zur Kündigungsschutzklage. Auch durch Über- bzw. Unterregulierung und verbeserungsbedürftige Anreizsysteme können Kosten entstehen.
Die Wirtschaftkammer Wien hat in einer Befragung von Unternehmen Konfliktkosten im Bereich von 19 % der Personalkosten ermittelt.
Angesichts dieser Zahlen wundert man sich, dass 57 % der Führungskräfte keine Schulung im Konfliktmanagement absolviert haben und dass es in vielen Unternehmen kein institutionalisiertes Konfliktmanagement gibt. Würden Unternehmen das Potenzial von Konfliktmanagement ausnutzen, wäre manche (wiederum konfliktträchtige) Kostenensparmaßnahme schlicht überflüssig. Als Nebeneffekt könnte man sogar die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter erhöhen, was wiederum zur erheblichen Erhöhung der Produktivität führt. Hier ist ein Umdenken erforderlich.
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