Alle, die viel mit familienrechtlichen Verfahrens tun haben, kennen die Situation: Beim Umgangstermin weigert sich das Kind strikt, mit dem anderen Elternteil mitzugehen. Das Familiengericht hatte in einem solchen Fall gegen eine Kindesmutter ein Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, festgesetzt, weil die Kindesmutter gegen die in einem Beschluss des Familiengerichts getroffene Umgangsregelung verstoßen habe. Hiergegen legte die Kindesmutter sofortige Beschwerde ein, so dass sich das Saarländische Oberlandesgericht mit dem Fall beschäftigen musste.
Mit Beschluss vom 08.10.2012 (Aktenzeichen 6 WF 381/12) wiesen die Richter die sofortige Beschwerde zurück. Gemäß dem Leitsatz des Beschlusses trägt der verpflichtete Elternteil nach § 89 Abs. 4 Satz 1 FamFG die darlegungs- und Feststellungslast dafür, dass er die Zuwiderhandlung gegen den Umgangstitel nicht zu vertreten hat. Beruft sich der verpflichtete Elternteil auf den entgegenstehenden Willen des Kindes, so muss er im einzelnen darlegen, wie er auf das Kind eingewirkt hat, um es zum Umgang zu bewegen.
Nach Auffassung der Richter reicht es eben nicht aus, einfach vorzutragen, dass das Kind sich geweigert habe, mit dem anderen Elternteil mitzugehen. Der betreuende Elternteil ist verpflichtet, auf das Kinder zierlich dahingehend einzuwirken, das psychische Widerstände des Kindes gegen den Umgang mit dem anderen Elternteil abgebaut werden und das Kind eine positive Einstellung dazu gewinnt. Dies bedeutet konkret, dass der betreuende Elternteil Kontakte mit dem anderen Elternteil positiv zu fordern hat. So sollen dem Kind Loyalitätsonflikte erspart werden.
Nach Meinung der Richter verbietet die Wohlverhaltensklausel dem Obhutselternteil jede negative Beeinflussung des Kindes gegen den Umgangsberechtigten, und zwar auch in mittelbarer Weise dergestalt, dass sich das Kind scheinbar aus eigenem Entschluss gegen den Umgang wendet. Es reicht daher nicht aus, wenn der betreuende Elternteil ist dem Kind freistellt, ob es den Umgang mit dem anderen Elternteil wahrnehmen will. Er muss vielmehr alle zur Verfügung stehenden erzieherischen Mittel anwenden, um das Kind zum Umgang mit dem anderen Elternteil zu bewegen.
Im entschiedenen Fall hat die Mutter in keiner Weise dargelegt, welche erzieherischen Mittel sie angewandt hat, um das Kind zu bewegen, den Umgang mit dem anderen Elternteil wahrzunehmen. Das Gericht geht eher vom Gegenteil aus, da es sich nicht erklären kann, warum ein Kind in diesem Alter sich derart hartnäckig gegen Anordnungen zur Wehr setzt.
Da die Kindesmutter sich wohl hier einzig und allein darauf berufen hat, dass das Kind sich geweigert habe, den Umgang wahrzunehmen, hat das Familiengericht das Ordnungsgeld zu Recht festgesetzt.
Beim Lesen eines solchen Beschlusses beschleicht mich immer ein ungutes Gefühl. Es zeigt sich, dass die juristischen Mittel in keiner Weise geeignet sind, derartige Probleme zu lösen und das letztlich die Kinder darunter leiden. Dies ist sicherlich nicht Schuld der Familiengerichte, die sich jegliche Mühe geben, die Paarkonflikte so zu behandeln, dass die Kinder möglichst wenig darunter leiden. Nur reichen die juristischen Mittel hierfür nicht aus.
Das Kind leidet in diesem Fall aber nicht unter den „juristischen Mitteln“, sondern unter den Erziehungsmitteln der Mutter.
Langfristig wären die Folgen einer einfach so hingenommenen und unkorrigierten Einwirkung der Mutter für das Kind möglicherweise weit schlimmer, wenn es dadurch eine gefestigte Abneigung gegen seinen Vater und die durch dessen Abwesenheit verursachten Probleme bekommt.