Gerade Rechtsanwälte stehen der Mediation eher reserviert gegenüber. Das gilt wohl auch dann, wenn sie selbst in ein Verfahren involviert sind. Als Mediator überlegt man bei der Lektüre von Entscheidungen immer, wie die Angelegenheit mit einer Mediation zu lösen gewesen wäre. Dieser Gedanke kam mir auch beim Lesen der Beschwerdeentscheidung des Saarländischen Oberlandesgerichts 6 UF 2/13 vom 07.03.2013.
Es ging hier um ein Verfahren auf Zuweisung der Ehewohnung. Das Ehepaar hatte im April 1993 geheiratet und im Dezember kam der gemeinsame Sohn zur Welt. Der Ehemann ist Rechtsanwalt. Die Ehefrau ist gelernte Pharmareferentin und war während der Ehe in der Kanzlei des Ehemanns tätig, zuletzt als Bürovorsteherin mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 800 €. Das Arbeitsverhältnis hat der Ehemann zum 31.07.2009 gekündigt.
Die Parteien haben sich zunächst innerhalb der Ehewohnung (einem Haus mit über 200 qm Wohnfläche) getrennt. Der Ehemann ist dann im August 2008 in eine angemietete Wohnung umgezogen. Der Sohn war zunächst bei der Ehefrau geblieben, aber im September 2009 zum Ehemann umgezogen.
Am 11.10.2007 hat die Ehefrau den Scheidungsantrag eingereicht. Sie haben dann die Folgesachen Hausratsteilung und Zugewinn anhängig gemacht. Das mit der Hausrtatsteilung haben sie dann aber offenbar doch einvernehmlich regeln können (jedenfalls wurde der Punkt in der mündlichen Verhandlung vom 21.06.2012 für erledigt erklärt).
Am 05.05.2011 hat der Ehemann die Folgesache Wohnungszuweisung anhängig gemacht. Dem ist die Ehefrau entgegengetreten und hat Zuweisung an sich beantragt. Das Familiengericht hat dann durch Beschluss vom 10.07.2012, der durch Beschluss vom 11.09.2012 berichtigt und ergänzt wurde, die Ehe der Parteien geschieden, den Versorgungsausgleich geregelt und dem Ehemann die Ehewohnung zur alleinigen Nutzung zugewiesen und der Ehefrau aufgegeben, die Ehewohnung binnen 6 Wochen zu räumen. Hiergegen wendet sie sich mit der Beschwerde.
Nun – wieder ein dreiviertel Jahr später hat das Oberlandesgericht den Beschluss dahingehend abgeändert, dass beide Anträge, sowohl der Antrag des Ehemannes als auch der Antrag der Ehefrau auf Zuweisung der Wohnung, zurückgewiesen werden. Der Senat begründet das im wesentlichen damit, dass keiner der Eheleute in stärkerem Maße auf die Wohnung angewiesen ist und dass auch sonstige Billigkeitsgründe nicht ersichtlich sind. In diesem Fall könne der Senat die Wohnung nicht einem der Ehepartner zuweisen. Sie müssen sich Zivilrechtlich auseinandersetzen.
Super! Da streiten sie sie seit Jahren und dann das: Kein Ergebnis. Es geht also in die nächste Runde – Teilungsversteigerung.
Die Kosten der diversen Verfahren will ich gar nicht berechnen (Scheidung bei sicherlich nicht allzu niedrigen Einkommen – Hausratsteilungsverfahren – Versorgungsausgleich – Zugewinnausgleichsverfahren war auch anhängig – Unterhaltsverfahren für Unterhalt der Ehefrau – Unterhaltsverfahren für Kindesunterhalt). Auch das ganze Porzellan, das da zerdeppert wurde – kaum zu glauben. Ist eine der Parteien mit dem Ergebnis zufrieden? Ich glaube kaum. Dieses Verfahren zeigt einmal mehr, dass es erwachsenen Menschen unwürdig ist, sich auf so einen Hick-Hack einzulassen. Auch wenn aus der Ehezeit oder der Trennung noch Verletzungen vorhanden sind, es ist immer besser, derartige Konflikte im Wege einer Mediation zu lösen. Viereinhalb Jahre Streit und Auseinandersetzung gehen an den Parteien nicht spurlos vorüber.
Sicherlich wäre in diesem Konflikt eine Mediation nicht einfach gewesen. Wenn die Parteien aber zurückblicken, werden sie sicherlich merken, dass der juristische Weg nicht wirklich weiterhilft und alle unzufrieden und ein gutes Stück ärmer zurücklässt. Man muss den Beschluss einmal lesen um zu begreifen, dass in (fast) allen Trennungs- und Scheidungssachen eine Einigung mit Hilfe einer Mediatorin (oder eines Mediators) der bessere Weg ist. Leider nimmt der IQ mit steigender Konflikteskalation ab.
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