Über Twitter bin ich auf einen Artikel in Echo-online aufmerksam geworden, in dem Volker Bouffier Mediation beim Streit um Windkraft lobt. In letzter Zeit habe ich den Eindruck, dass Politiker gern unangenehmen Entscheidungen aus dem Weg gehen, indem sie ein Mediationsverfahren vorschlagen. Scheinbar werden Mediationen nun zur Geheimwaffe der Politik, wenn Dinge gegenüber den Bürgern durchgesetzt werden sollen und man sich nicht unbeliebt machen will.
Ich habe bezüglich Mediationsverfahren im öffentlichen Bereich ohnehin meine Bedenken. Derartige Verfahren sind in meinen Augen kaum als Mediation zu handhaben. Dies liegt einmal daran, dass in aller Regel ein nicht genau abzugrenzender Bereich von Betroffenen über Vertreter, die an den Sitzungen teilnehmen sollen, beteiligt werden müssen. Des weiteren können die Mediationssitzungen kaum vertraulich stattfinden, da die Vertreter der Betroffenen den Verlauf und die Ergebnisse der Mediationssitzungen ja an die von ihnen Vertretenen weitergeben müssen. Zum Dritten ist oft nicht genau geklärt oder kann aus verwaltungsrechtlichen Gründen nicht geklärt sein, welche Kompetenzen und Spielräume die Mediation überhaupt hat. Dort, wo zwingend demokratisch legitimierte Gremien letztlich die Entscheidung treffen müssen, kann das Ergebnis eines Mediationsverfahrens allenfalls Vorschlagscharakter haben.
Um nicht missverstanden zu werden: Ich habe absolut nichts dagegen, wenn der betroffenen Öffentlichkeit Gelegenheit gegeben wird, ihre Argumente einzubringen und es ist gut, wenn das mit mediativen Mitteln geschieht. Es kann aber keine Mediation sein.
Letztlich ist auch zu beachten, dass sich unsere Volksvertreter und die Regierungen nicht aus der Verantwortung für Entscheidungen stehlen können. Gewisse Entscheidungen muss nun einmal aufgrund unserer repräsentativen Demokratie durch das dafür zuständige Parlament getroffen werden – auch wenn ihnen eine Entscheidung schwer fällt. Dies gilt um so mehr, als übergeordnete Interessen gewahrt werden müssen. Ansonsten feiert das St-Florians-Prinzip Auferstehung. Klar würde ich auch gegen Windkraft kämpfen, wenn mir ein Windrad den Ausblick aus meinem Wohnzimmer verschönern sollte. Aber irgendwo müssen wir die Energie erzeugen, ein AKW hätte ich noch viel weniger gern vor meinem Fenster. Der Strom muss auch zu den Endverbrauchern gelangen und deshalb brauchen wir auch entsprechende Leitungen. Wenn wir nur die jeweils Betroffenen zu Wort kommen lassen, würden wir den Politikern in ein paar Jahren vorwerfen, dass sie Daseinsvorsorge unterlassen haben.
Selbstverständlich kann und soll ein Dialog auch und nicht zuletzt mit den Betroffenen geführt werden und es dürfen durchaus Ideen eingebracht werden, wie die Belastung für Anlieger vermieden oder verringert werden kann. Aber dafür sehen die Regelungen über Planfeststellungen eigentlich bereits Maßnahmen vor.
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