Ich glaube nicht nur mich, sondern alle, die Mediation als Dienstleistung anbieten, fragen sich, was der Grund dafür ist, dass Mediation zwar (mittlerweile) relativ bekannt ist, aber die Nachfrage immer noch verhältnismäßig gering ist.
Ich glaube nicht, dass es allein daran liegt, dass viele Anwälte Mediation eher ablehnen (nein, das ist kein Futterneid). Es liegt auch nicht daran, dass Mediation ein „low-interest-Produkt“ ist, solange jemand nicht unter einem Konflikt leidet (das geht den Anwälten doch auch so: Nach einem guten Anwalt werden erst dann Erkundigungen eingeholt, wenn die Klage im Briefkasten gelegen hat).
Es könnte an der der Mediation innewohnenden Paradoxie liegen. Erstmals haben Laura Cardia-Vonèche und Benoit Bastard in einem Beitrag in dem Buch „Mediation: Die andere Scheidung“ (Herausgeber Josef Duss-von Werth und Gisela Mähler und Hans-Georg Mähler, 1995) mit dem Titel „Unaufhaltsamer Aufstieg oder unüberwindbare Stagnation?“ (Seite 212/213) darauf hingewiesen.
Worin liegt diese Paradoxie? Sie liegt darin, dass Mediation voraussetzt, dass die Konfliktbeteiligten kooperativ zusammenarbeiten. Das soll aber zu einem Zeitpunkt geschehen, in dem die Parteien gerade dabei sind, sich im Zuge der eskalierenden Auseinandersetzung sich voneinander verstärkt abzugrenzen. Inge Reuhl drückt dies in ihrer Masterarbeit von 2008: „Ist die Mediation ein taugliches Produkt?“ wie folgt aus:
„Sie (die Konfliktbeteiligten) müssen also auf der Ebene der Konfrontation den gemeinsamen (und jeweils selbstverantwortlichen) Willen aufbringen, an einer Mediation teilzunehmen. Das ist mithin eine erste kooperative Vorgehensweise und damit ein Wechsel der Konfliktebenen – und zwar vor dem eigentlichen Verfahren, das sie genau dahin führen soll. “ (Seite 44)
Cardia-Vonèche und Bastard ziehen hieraus die Folgerung (vor 18 Jahren!), dass Mediation bei Trennung und Scheidung (das war Thema des Artikels) eine Randerscheinung bleiben müsse.
Ich glaube das eher nicht. Ich meine aber, dass das Marketing für Mediation (so es heute überhaupt ein solches gibt) auf diesen Punkt besonders eingehen muss. Hier sollten die Ergebnisse der Spieltheorie, dass nur kooperative Entscheidungen zu optimalen Ergebnissen führen (siehe Gefangenendilemma) in den Vordergrund gestellt werden. Der Kluge handelt kooperativ (solange der Gegenüber nicht kompetitiv handelt). Es ist ein Zeichen von Klugheit, auf Kooperation zu setzen und kein Zeichen von Schwäche. Das sollte kommuniziert werden!
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