Die Fahrerin eines Kleintransporters fuhr zügig hinter einem anderen Fahrzeug durch die Ausfahrt eines Freizeitgeländes, die durch versenkbare Polleranlage geregelt ist. Es kam, wie es kommen musste, der Poller kam hoch, nachdem das erste Fahrzeug vorbei war und beschädigte den Kleintransporter. Der Eigentümer des Kleintransporters meinte nun, die Verkehrssicherungspflicht sei durch die konkrete Gestaltung der Polleranlage verletzt worden und verlangte Schadensersatz für die Schänden am Fahrzeug.
Die Klägerin hat behauptet, die Zeugin habe beim Durchfahren der Polleranlage den relativ leisen Warnton nicht gehört, da dieser von den beiden Dieselmotoren übertönt worden sei. Der Poller sei erst hochgefahren, als sich das Fahrzeug der Klägerin bereits über ihm befunden habe. Dies ergebe sich daraus, dass der Schaden nicht im Frontbereich, sondern im Bereich des Unterbodens entstanden sei. Das Schild „Polleranlage – einzeln einfahren“ sei klein; seine Aufschrift sei nichts sagend. Die Rundleuchten der Lichtzeichenanlage seien mit einem Durchmesser von lediglich 8 cm nicht groß genug und befänden sich nicht in einer Höhe, in der mit anderen Anlagen zu rechnen sei. Die Polleranlage habe den maßgeblichen Sicherheitsanforderungen nicht entsprochen, indem sie auf das herannahende Fahrzeug nicht reagiert und den Ausfahrvorgang auch dann noch fortgesetzt habe, als sich das klägerische Fahrzeug bereits über dem Poller befunden habe.
Das erstinstanzliche Landgericht gab dem Begehren zu 50 % Recht. Es meinte, der Landkreis als Betreiber der Anlage sei seiner Verkehrssicherungspflicht nicht gerecht geworden. Allerdings sei der Fahrerin ein schadensursächliches Mitverschulden von 50 % anzulasten.
Auf die Berufung des Landkreises hat das Saarländische Oberlandesgericht in einem Urteil vom 15.5.2012 (Aktenzeichen 4 U 54/11 – 16) dieses Urteil nun aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen. Der Landkreis habe mit der Aufstellung der Poller zunächst kein Verkehrshindernis im Sinne des § 32 StVO geschaffen. Jedoch stelle eine elektronisch zu steuernde Sperrvorrichtung eine besondere Gefahrenquelle im Straßenraum dar, die vor allem daraus resultiere, dass der Poller in abgesenktem Zustand für die Benutzer der Straße nicht immer leicht zu erkennen sei, weshalb ein sich mitten auf der Fahrbahn befindlicher Poller, der unbemerkt ausfährt, ein erhebliches Gefahrenpotenzial für den fließenden Verkehr darstelle. Diese Gefahren rechtfertigten es, an die Verkehrssicherungspflicht besondere Anforderungen zu stellen (so auch OLG Hamm, NZV 2010, 353), führt der Senat aus.
Welche Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht zu stellen seien, sei im Einzelfall zu entscheiden. Es sei zur Verkehrssicherung nicht zwingend erforderlich, den Poller stets derart zu konstruieren, dass sich der Poller in jedem Falle auch dann wieder absenkt, wenn sich ein Fahrzeug dem noch nicht vollständig ausgefahrenen Poller nähert. Den Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht genügten die im entschiedenen Fall vorhandenen Mittel. Es sei auf die Lage des Pollers hingewiesen worden. Es sei ferner darauf hingewiesen worden, dass die Fahrzeuge nur einzeln einfahren dürften. Auf das Ausfahren des Pollers sei mit einem akustischen Signal hingewiesen worden und es habe sich vor dem Poller eine (wenn auch kleinen) Ampelanlage befunden, die beim Einfahren durch die Fahrerin des beschädigten Fahrzeugs bei Rot überfahren worden sei. Der Senat führt weiter aus: „Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass die Gläser der Lichtzeichenanlage einen eher kleinen Durchmesser besitzen, in einer ungewöhnlichen Höhe von circa 170 cm aufgestellt sind und das Warnschild eher kleinformatig ist und keinen amtlichen Text besitzt: Bei der isolierten Betrachtung jeder einzelnen Sicherungsmaßnahme mag man der Plausibilität dieser Argumente folgen können. Jedoch wird die zergliedernde Betrachtungsweise der Lebenswirklichkeit nicht gerecht: In der konkreten Verkehrssituation tritt die Polleranlage dem herannahenden Verkehr in ihrer ganzen Komplexität gegenüber, weshalb eine hinreichende Verkehrssicherheit auch durch das Ineinandergreifen der verschiedenen Einzelmaßnahmen gewährleistet werden kann. In der demnach gebotenen Zusammenschau sind die akustischen und optischen Warnsignale auch unter Berücksichtigung der strengen Anforderungen beim Aufstellen versenkbarer Poller hinreichend geeignet, um den Verkehr nachhaltig vor den Gefahren des plötzlich ausfahrenden Pollers zu warnen (so auch das OLG München in einem vergleichbaren Sachverhalt: Beschl. v. 25.1.2012 – 1 U 4134/11).“
Leitsatz des Saarländischen Oberlandesgerichts:
Beim Aufstellen absenkbarer Poller muss der Verkehrssicherungspflichtige die Verkehrsteilnehmer nachhaltig davor warnen, dass die Polleranlage nur einzeln passiert werden darf. Genügt der Verkehrssicherungspflichtige dieser Warnpflicht, ist es zur Verkehrssicherung nicht erforderlich, die Polleranalge so zu konstruieren, dass sich der Poller auch dann wieder absenkt, wenn sich ein Fahrzeug dem ausfahrenden Poller nähert.
Unabhängig davon überwiege aber das Verschulden der Fahrerin des Kleintransporters.
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