Die Antwort? Ein klares eindeutiges Jein!
Natürlich sind die bloggenden Juristen hoch kreativ, sonst würde ja keiner die Artikel lesen – oder? Aber sonst?
Ja, sie sind unkreativ. Kreativ können und dürfen Juristen dort nicht sein, wo es um die Durchsetzung von Ansprüchen geht. Hier muss allein die Frage „Wer will was von wem woraus?“ beantwortet werden. Die Subsumtion unter gesetzliche Vorschriften ist kein wirklich kreativer Vorgang. Allenfalls dann, wenn wirklich völlig neue Lebenswirklichkeiten entstehen, ist ein wenig Kreativität gefragt. Ansonsten ist es eigentlich (nur) ein Einordnen von tatsächlichen Gegebenheiten unter juristische Begriffe. Was auch manche Mandanten nicht verstehen, dass Juristen Gesetzespositivisten sein müssen. Es ist nicht sonderlich zielführend in der normalen Anwaltstätigkeit über Sinn und Unsinn mancher Rechtsvorschrift zu diskutieren, solange sie gilt oder von der Rechtsprechung in gewisser Weise angewandt wird. Wäre der Jurist bei der Durchsetzung von Ansprüchen tatsächlich kreativ, hätte der das Problem, dass die Gegenseite oder die Gerichte seiner kreativen Auffassung nicht folgen.
Nein, sie sind nicht unkreativ (sie sind kreativ oder können es zumindest sein). Das gilt überall dort, wo die Juristen gestaltend tätig sind. Wenn es um die Gestaltung von Verträgen geht, ist (zumindest gelegentlich) gestaltende Kreativität bei den Juristen gefragt, es sei denn, es geht um einen ganz normativ bereits weitgehend geregelten Bereich wie z.B. die Formulierung eines Mietvertrages. Hier sind der Kreativität wiederum durch einengende Vorgaben Grenzen gesetzt. Aber dort, wo es um weitgehend individuelle Verträge geht, bedarf es schon einer großen Kreativität, um alle Eventualitäten zu regeln. Hier bedarf es der Vorstellung, was alles regelungsbedürftig sein könnte, welche Probleme auftreten könnten, um diese Punkte dann prophylaktisch im Vertrag zu klären. Hier ist es auch sinnvoll, mit den Vertragsparteien Kreativitätstechniken anzuwenden, um die Vorstellungen der Parteien herauszuarbeiten. Oft ergeben sich hieraus bereits Anhaltspunkte für zu regelnde Punkte. Greift der Jurist hier nur (unkreativ) nach dem Formularbuch und schreibt einen Vertrag dort ab, ohne (kreativ) zu überprüfen, ob er auf die individuellen Gegebenheiten wirklich passt, so produziert er oft mehr Probleme als er sie vorausschauend löst. Das kennen alle Juristen aus ihrer täglichen Arbeit.
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