http://www.classacts.cz/wp-content/uploads/Santa.gifLieber Weihnachtsmann,

es ist schon eine lange Zeit her, seit ich dir zuletzt einen Brief geschrieben habe und ich bin ein bisschen eingerostet. Ich hoffe du siehst mir das nach.

Wie geht es dir? Ich hoffe, du bist gesund trotz deiner Gewichtszunahme und Mangel an Bewegung, die man dir nachsagt. Ich hoffe auch, dass es deiner Frau, den Rentieren und den Engeln gut geht. Grüße sie wärmstens von mir.

Ich schreibe dir, um dir meine Weihnachtswünsche mitzuteilen. Meine Freunde haben mich ausgelacht, als ich Ihnen erzählt habe, dass ich dir schreiben will. Sie meinten, dass ich als Erwachsener zu alt dafür bin. Außerdem meinten sie, dass ich als Anwalt auf der Liste der Übeltäter stehe.

Gut, ich bin erwachsen aber auch Erwachsene haben Träume und Wünsche und ich hoffe, dass ich nicht ausgeschlossen bin, dir zu schreiben, einfach weil ich ein Kind im Körper eines Erwachsenen bin.

Was das Ungezogensein anbelangt, gebe ich zu, dass ich ein Anwalt bin und ich auch während des letzten Jahres nicht zu allen nett war. Aber ich war öfters nett als ungezogen und ich helfe und lehre den Leuten, Konflikte einvernehmlich zu lösen. Ich hoffe, dass das zählt.

Als ich acht Jahre alt war, habe ich dir geschrieben, um dich um Geschenke für mich selbst zu bitten. Ich denke, dieses Schreiben ist nicht viel anders. Ich bitte dich um Geschenke, aber diesmal nicht für mich.

Ich beschäftige mich mit Menschen in Konfliktsituationen. Hierbei muss ich feststellen, dass es eine gewisse Anzahl von Umständen gibt, die den Konflikt verschlimmern und es für die Parteien schwieriger machen, ihre Probleme zu lösen und sich weiterzuentwickeln.

Der erste Punkt, den ich feststelle, ist der, dass die Beteiligten meistens eine Haltung des „ich habe Recht“ an den Tag legen. Dies bedeutet aber auch, dass die andere Seite unrecht hat. Eine meiner Aufgaben als Mediator ist, sie dazu zu bringen, dass sie merken, dass es viele Wahrheiten gibt und dass ihre Wahrheit nicht die einzige und nicht notwendigerweise die „reale“ oder „richtige“ Sichtweise ist. Es wäre wirklich sehr hilfreich, wenn du der Welt das Geschenk der perspektivischen Sicht und des Verstehens machen könntest. Dann wären die Menschen besser in der Lage, in die Schuhe der anderen Partei zu schlüpfen und das Problem von deren Blickpunkt aus zusehen. Und nicht zuletzt, auch wenn sie mit der Ansicht der anderen Partei nicht übereinstimmen, so können Sie sie doch verstehen und würdigen.

Das Zweite, was ich feststelle, ist, dass die Beteiligten in einem Konflikt sich oft von dem anderen Beteiligten isoliert und getrennt erleben. Sie konzentrieren sich nur auf den Streit und die dabei auftretenden schlechten Gefühle zwischen Ihnen und der andern Partei und können oder wollen die Gemeinsamkeiten nicht sehen. Meine Aufgabe ist es, Ihnen begreiflich zu machen, dass es besser für sie ist, zusammenzuarbeiten anstatt, dass jeder seinen eigenen Weg geht. Es wäre daher sehr hilfreich, wenn du ihnen das Geschenk von Empathie und Verständnis machen könntest. Dann könnten sie wieder eine zwischenmenschliche Verbindung aufnehmen um ihr gemeinsames Problem zu lösen.

Der letzte Punkt, der mir auffällt, ist der, dass es vielen Konfliktbeteiligten schwer fällt, Lösungen zuzustimmen, die für ihre Zukunft vorteilhaft sind, weil sie ständig in die Vergangenheit sehen. Es kommt mir vor, als würden Sie ein Auto fahren und hierbei ausschließlich in den Rückspiegel sehen. Ich muss Ihnen helfen, aus der Vergangenheitsbezogenheit herauszukommen, damit sie ihr Leben weiter entwickeln können. Es wäre daher hilfreich, wenn du ihnen das Geschenk der Vergebung und der Heilung machen könntest.

Einige meiner Freunde werden mich nun fragen, warum ich nicht gleich um Frieden für die Welt bitte. Das hätte ich auch tun können aber ich stelle mir vor, dass – wenn du meine obigen Wünsche erfüllst – wir einen Schritt näher daran sind, Weltfrieden für uns selbst zu schaffen.

Ich weiß, dass du viele Briefe lesen musst und noch viel zu tun hast bis zum Heiligen Abend. Deshalb schließe ich hier.

Alles Gute und frohe Weihnachten!

Joel

P.S. Ich werde wie üblich Milch und Kekse für dich bereitstellen. Ich habe die Plätzchen gekauft, die du so gern isst.

P.P.S. Bitte gib Rudolph einen Klaps von mir. Er ist mein Favorit!

P.P.P.S. Ich hoffe, dass die Engel sich nicht streiten. Falls du einen Mediator brauchst, du weißt wo du mich findest.

Diesen Brief an den Weihnachtsmann habe ich auf dem Kluwer Mediation Blog gefunden. Verfasst hat ihn Joel Lee von der National National University of Singapore, Faculty of Law. Ich fand ihn so schön, dass ich ihn unbedingt hier veröffentlichen musste.