Warum ist dumm – wohin macht Sinn
Warum Mediator:innen besser nach vorne fragen sollten
In der Mediation spielt Sprache eine zentrale Rolle. Worte öffnen Räume – oder sie schließen sie. Eine der entscheidenden Fragen, die Mediator:innen stellen (oder besser vermeiden) sollten, ist die nach dem Warum. Denn das „Warum“ führt in die Vergangenheit – dorthin, wo Schuld, Rechtfertigung und Verteidigung warten.
„Warum haben Sie das getan?“
„Warum ist das so gekommen?“
Solche Fragen verankern den Konflikt in alten Mustern. Sie helfen selten, in Bewegung zu kommen. Mediation aber ist kein Verfahren zur Vergangenheitsbewältigung, sondern zur Zukunftsgestaltung. Sie zielt darauf ab, Verständigung und neue Handlungsmöglichkeiten zu schaffen.
Darum fragen Mediator:innen anders:
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Wohin möchten Sie, dass es sich entwickelt?
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Was wäre stattdessen hilfreich?
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Wie soll es in Zukunft sein?
So entsteht eine Bewegung – vom „Weg vom“ zum „Hin zu“.
Vom „weg von“ zum „hin zu“
Die meisten Menschen wissen erstaunlich genau, was sie nicht wollen: keinen Streit mehr, keine Missverständnisse, keine Ungerechtigkeit, keine Kälte, keine Distanz.
Aber wenn man sie fragt, was sie stattdessen wollen, geraten sie oft ins Stocken.
Das „Nicht-Wollen“ ist leicht zugänglich, es schützt und grenzt ab.
Das „Haben-Wollen“ dagegen erfordert Vorstellungskraft, Mut und Klarheit.
Doch genau darin liegt der Schlüssel zur Lösung.
Denn hinter jeder Unzufriedenheit steckt meist eine unbewusste Vorstellung davon, wie es anders, besser oder stimmiger sein könnte. Mediator:innen helfen, dieses vage Gefühl bewusst zu machen – das diffuse „So geht’s nicht“ zu übersetzen in ein konkretes „So wünsche ich es mir“.
Mediation ist damit ein Prozess des Bewusstmachens und Übersetzens:
von unbewussten Sehnsüchten in klare Ziele,
von inneren Bildern in gemeinsame Sprache,
von Vergangenem in Zukünftiges.
Das „Warum“ blickt zurück.
Das „Wohin“ weist nach vorn.
Das eine sucht Ursachen, das andere schafft Möglichkeiten.
Mediation ist kein Gericht, das über Vergangenes urteilt,
sondern ein Lernraum für Zukunftsgestaltung.
Wer fragt, „wohin“, aktiviert Ressourcen, Visionen und Verantwortung.
Und genau darin liegt der Sinn: Konflikte verlieren ihre Macht, wenn Menschen eine gemeinsame Richtung finden.