Mal wieder was vom Pferd
Gelegentlich muss sich auch der Bundesgerichtshof mit Pferden beschäftigen. So in einem Urteil vom 15.01.2014, Aktenzeichen VIII ZR 70/13. Dort ging es um ein nicht gerade billiges Dressurpferd, das zum Preis von 500.000 € (!) unter Ausschluss der Gewährleistung verkauft wurde, wobei es auf der Anlage des Verkäufers verblieb und dort beritten wurde. Im Kaufvertrag war vermerkt, dass die Ankaufsuntersuchung zufriedenstellend ausgefallen sei.
Zwei Monate später lahmte das Pferd. Es wurde ein „Fesselträgerschenkelschaden hinten rechts lateral“ festgestellt. Dieser Schaden wurde mehrere Monate behandelt und war danach ausgeheilt, das Pferd konnte dann im Folgejahr auf Turnieren geritten werden.
Als der Verkäufer Restkaufpreisansprüche stellte, machte der Käufer wegen des Fesselträgerschenkelschadens Minderung geltend. Vor dem Landgericht und Oberlandesgericht wurde der Minderungsanspruch zurückgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat den Rechtsstreit an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Der Anspruch des Käufers scheiterte nach Auffassung aller Instanzen nicht an dem vereinbarten Gewährleistungsausschluss, da es sich um einen Verbrauchsgüterkauf im Sinne des § 475 Abs. 1 BGB gehandelt habe. Beim Gebrauchsgüterkauf kann die Gewährleistung insoweit nicht ausgeschlossen werden.
Die Frage war daher, ob der Fesselträgerschenkelschaden (was für ein Wort!) beim Gefahrübergang, das war der Zeitpunkt des Kaufes, da der Käufer zumindest damals den mittelbaren Besitz an dem Pferd erhielt, bereits vorhanden war. Der eingeschaltete Sachverständige hatte aber festgestellt, dass dieser Schaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit damals nicht vorlag, da die damit verbundene Lahmheit auch Laien erkennbar gewesen wäre.
Der Sachverständige hatte allerdings ergänzt, dass dieser Schaden entweder durch ein akutes Trauma bei einem Unfall oder einer Überdehnung geschädigt werden könne. Es sei aber auch möglich und gerade bei Sportpferden wahrscheinlich, dass der Schaden durch chronische Überrbeanspruchung und allmähliche Schädigung der Sehnenfasern entstanden sei. Daher sei möglich, dass der äußere Fesselträgerschenkel des betroffenen Pferdes bereits länger, ohne dass es äußerlich erkennbar wurde, geschädigt gewesen sei. Allerdings konnte der Sachverständige keine Feststellungen treffen, ob dieser latente Zustand bereits beim Verkauf vorhanden gewesen sei.
Beim Gebrauchsgüterkauf gibt es in den ersten 6 Monaten eine Beweislastumkehr dahin, dass der Verkäufer beweisen muiss,d ass ein Mangel zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht vorhanden war (normalerweise muss der Käufer beweisen, dass ein Mangel bereits bei Gefahrübergang vorlag). Hinsichtlich des Fesselträgerschenkelschadens selbst war für alle Instanzen klar, dass dem Verkäufer der Beweis gelungen war, dass dieser konkrete Schaden zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht vorlag.
Hier berief sich nun der Käufer auch darauf, dass der akute Schaden auf einem seinerseits vertragswidrigen Mangel, nämlich der Vorschädigung der Sehnenfasern durch Überbeanspruchung beruhte. Demnach muss nun das Oberlandesgericht, an das der Rechtsstreit zurückgewiesen wurde, klären, ob diese Vorschädigung Ursache des akut aufgetretenen Schadens war. Hierfür ist der Käufer beweisverplichtet. Gelingt ihm dieser Nachweis, muss er nicht mehr beweisen, dass die Vorschädigung bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs bestand, hierfür müsste dann der Verkäufer Beweis erbringen.
Hauptsache, dem Pferd geht es bis heute gut (der Verkauf fand bereits Anfang 2007 statt).