Die Energie folgt der Aufmerksamkeit – warum dieser Satz in der Mediation alles verändert

Die Energie folgt der Aufmerksamkeit – warum dieser Satz in der Mediation alles verändert

Wer zum ersten Mal hört „Die Energie fließt, wohin die Aufmerksamkeit geht“, hält das vielleicht für einen netten Spruch aus der Persönlichkeitsentwicklung.
Doch dieser Satz beschreibt ein tiefes Prinzip, das in jeder Mediation wirkt – manchmal als Hindernis, oft als Chance.

Warum Konflikte so viel Energie verbrauchen

In Konflikten richtet sich die Aufmerksamkeit automatisch auf das, was weh tut:

  • auf Vorwürfe
  • auf Verletzungen
  • auf ungerechte Situationen
  • auf das, was der andere „schon wieder falsch macht“

Unser Gehirn ist darauf programmiert, Gefahren schnell zu erkennen. Das Problem:
Diese Form der Aufmerksamkeit füttert den Konflikt.
Je stärker die Aufmerksamkeit auf das Problem geht, desto mehr emotionale Energie fließt hinein – und desto größer erscheint das Problem.

In der Mediation zeigt sich das oft so:
Beide Seiten erzählen lange, detaillierte Geschichten darüber, was nicht funktioniert.
Doch selten entsteht daraus ein Weg nach vorn.


Mediation verändert die Richtung der Aufmerksamkeit

Der entscheidende Wendepunkt in einer Mediation ist fast immer derselbe:
Der Moment, in dem der Fokus sich verschiebt.

Nicht mehr:

  • „Was ist falsch gelaufen?“
    sondern
  • „Was brauchen Sie, damit es besser funktionieren kann?“

Nicht mehr:

  • „Wer hat angefangen?“
    sondern
  • „Was wäre für die Zukunft hilfreich?“

Nicht mehr:

  • „Er versteht mich nie.“
    sondern
  • „Was würde Ihnen helfen, sich verstanden zu fühlen?“

Diese Fragen wirken unscheinbar – aber sie verändern, wohin die Energie geht.


Fokusarbeit: Die eigentliche Kunst der Mediation

Mediator:innen arbeiten tagtäglich mit diesem Prinzip.
Sie helfen, die Aufmerksamkeit bewusst auf das zu lenken, was weiterführt:

  • Bedürfnisse
  • Interessen
  • Ressourcen
  • kleine, konkrete nächste Schritte
  • Möglichkeiten, nicht Unmöglichkeiten

Das bedeutet nicht, dass Probleme oder Verletzungen ignoriert werden. Aber sie werden nicht zum Zentrum der Energie. Denn dort, wo die Aufmerksamkeit hingeht, verstärkt sich etwas – und Mediation will nicht das Problem verstärken, sondern die Lösungsmöglichkeiten.


Hypnosystemische Perspektive: Aufmerksamkeit gestaltet Wirklichkeit

Aus hypnosystemischer Sicht (Gunther Schmidt) wird deutlich, warum dieser Satz so kraftvoll ist:
Menschen konstruieren ihre Wirklichkeit aus inneren Bildern, Bedeutungen und Erwartungen. Wenn die inneren Bilder vom Anderen nur aus Enttäuschung und Abwertung bestehen, wird jedes neue Verhalten durch diesen Filter wahrgenommen.

Mediation hilft, diese inneren Bilder zu erweitern – manchmal sogar neu zu schreiben.


Kleine Frage, große Wirkung

Häufig entsteht der Durchbruch in einer Sitzung durch eine einzige Frage:

  • „Was wäre für Sie ein erster Schritt, der Ihnen Hoffnung gibt?“
  • „Woran würden Sie merken, dass wir auf dem richtigen Weg sind?“
  • „Was möchten Sie, dass der andere versteht?“

Mit solchen Fragen wechselt der Fokus vom Problem zur Möglichkeit.
Und genau dort beginnt Menschen wieder Energie zu wachsen.


Fazit: Aufmerksamkeit als Schlüssel zur Veränderung

Dieser Satz ist mehr als ein Leitspruch – er ist ein Werkzeug:

  • Aufmerksamkeit bestimmt, wie wir Realität wahrnehmen
  • Aufmerksamkeit steuert Emotionen
  • Aufmerksamkeit entscheidet, ob wir stecken bleiben oder in Bewegung kommen

In der Mediation wird dieses Prinzip gezielt genutzt. Vom Problemfokus hin zum Lösungsfokus. Von der Vergangenheit zur Zukunft. Von gegenseitigem Misstrauen zu neuem Verständnis.

Die Energie fließt wirklich dahin, wohin die Aufmerksamkeit geht – und Mediation hilft dabei, sie an den richtigen Ort zu lenken.

Gerfried Braune

Assessor jur. & zertifizierter Mediator Ringstr, 49, 66130 Saarbrücken, Telefon +49 6893 986047 Fax +49 6893 986049, Mobil +49 151 40 77 6556

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