Die Saarbrücker Zeitung berichtet in ihrer Samstagsausgabe über hohe Personalfluktuation in den Winterberg-Kliniken in Saarbrücken. Es ist geradezu ein Musterbeispiel für fehlendes Konfliktmanagement in einem Unternehmen und es ist ein Musterbeispiel dafür, wie gekonnt und konsequent die Klinikleitung an den Bedürfnissen ihrer Mitarbeiter vorbei argumentiert. Traurig ist, dass die Redakteure der Saarbrücker Zeitung sich auf die Argumentation der klinikleitung ablenken lässt.
Aus dem Bericht ergibt sich, dass zumindest ein Mitarbeiter der Notfall-Intensivstation mit einem Papier an die Öffentlichkeit gegangen ist, in dem er offenbar mehrere Punkte bemängelt und Sorge über die Qualität der Patientenversorgung äußert. Bis ein Mitarbeiter einen solchen Schritt in die Öffentlichkeit wagt, muss schon einiges vorausgegangen sein (was genau, weiß ich nicht, da ich die Beteiligten nicht kenne). Man befindet sich aber mit Sicherheit bereits auf der 4. Stufe der 9-stufigen Konflikteskalationsskala nach Friedrich Glasl. Hier tut ein Konfliktmanagementsystem in der Klinik Not, das frühzeitig bei entstehenden Konflikten mit abgestuften Maßnahmen eingreift. Voraussetzung ist aber eine Konfliktkultur im Unternehmen. Gerade in Krankenhäusern mit streng hierarchischen Strukturen fehlt aber oft eine solche Konfliktkultur (Es gibt keine Konflikte!!?).
Erstaunlich ist aber auch, in welchem Maße die Argumentation der Mitarbeiter überhaupt nicht zur Kenntnis genommen wird und das Problem auf die Bezahlung der Pflegekräfte reduziert wird, obwohl die Bezahlung ganz offensichtlich in dem Papier der Mitarbeiter mit keinem Wort erwähnt wird. Offenbar ist es weder bei der Pflegedirektorin noch bei dem stellvertretenden ärztlichen Direktor ist es angekommen, dass eine Vielzahl von Untersuchungen klar zum Ausdruck gebracht haben, dass die Bezahlung bei der Zufriedenheit im Beruf eine untergeordnete Rolle spielen (siehe zuletzt die Untersuchung der Barmer-GEK in Zusammenarbeit mit der Bertelsmann-Stiftung gemäß Bericht der Saarbrücker Zeitung). Nach dem Index „Gute Arbeit“ des DGB liegt die Bezahlung als Kriterium sogar an letzter Stelle! Die Bezahlung spielt für Mitarbeiter in der Regel keine Rolle, wenn das Betriebsklima stimmt und man sich als Mitarbeiter wertgeschätzt fühlt. Das ist aber offensichtlich in der Klinik nicht der Fall. Anders ist es nicht zu erklären, dass die Frage der Belastung und des Betriebsklimas völlig übergangen wird und das Problem auf die Frage des Gehalts reduziert wird. Was muss eigentlich passieren, dass Mitarbeiter das Saarland verlassen und in die Schweiz gehen oder den hoch qualifizierten Beruf an den Nagel hängen, um als ungelernte Kraft bei einem Autozulieferer zu arbeiten, auch wenn man dort mehr verdient?
Traurig ist in der Tat, wenn dann auch der Redakteur Saeftel in seinem Kommentar das Problem auf die Frage der Entlohnung reduziert. Von Sachkenntnis ist hier offensichtlich wenig zu spüren.
Letztlich ist dieser Artikel für die Klinik ein Supergau für das Employer Branding (Neuhochdeutsch für den Ruf als Arbeitgeber). manch ein Interessent für eine Stelle in dem Klinikum wird es sich drei mal überlegen, ob er sich bei einem solchen Arbeitgeber bewirbt, der die Interessen seiner Mitarbeiter in einem solchen Maße missachtet.
Bedenkt die Klinikleitung eigentlich nicht, welche ganz erheblichen Kosten durch diese Art des (Nicht-) Konfliktmanagements der Klinik entstehen? Nicht nur die erheblichen Kosten der Ausschreibung, Neubesetzung der Stellen und Einarbeitung der neuen Pflegekräfte, sofern man die für eine solche Station qualifizierten Kräfte auf dem Arbeitsmarkt überhaupt findet. Konflikte binden Kräfte. Unzufriedenheit mit der Arbeit kosten der Wirtschaft jedes Jahr Milliarden durch fehlenden Einsatz der Mitarbeiter und Bindung von Arbeitskraft durch die Konflikte.Hier sei zum Beispiel auf die Konfliktkostenstudie der Unternehmensberatung KPMG verwiesen, die jeder Manager kennen und beherzigen sollte.
Bezeichnend ist, dass das Klinikum unser Angebot für einen IHK-Zertifikatslehrgang „Mediatorin, Mediator im Unternehmen“ als uninteressant abtat. Nötig hätte man ihn schon!
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