Heute bin ich zufällig auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 24.5.2011 (Aktenzeichen I-19 U 162/10) gestolpert. Ein Fall, in dem aber alles drin ist.
Der Kläger hatte vom Beklagten, einem Pferdehändler, am 18.3.2006 ein Pferd für 35.000 € gekauft. Nach dem Kauf stellte sich heraus, dass das Pferd webte und eine Operation mit Verbleib einer Operationsnarbe hinter sich hatte. Das Kaufvertragsformular hatte der Kläger offenbar von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung. Allerdings hatte er das Vertragsformular für Verkäufe unter Privatleuten erwischt. Dort war die Gewährleistungsfrist auf 3 Monate verkürzt. Außerdem war ein Kaufpreis nach übereinstimmendem Willen nicht eingetragen worden, allerdings war der Betrag von 35.000 € unstreitig. Mehr als ein Jahr nach dem Kauf machte der Kläger Mängelgewährleistungsansprüche geltend. Danach erlitt das Pferd eine Kolik und verstarb.
Der Kläger macht in dem Klageverfahren die Rückzahlung des Kaufpreises geltend sowie Aufwendungsersatz für Beritt und Unterbringung des Pferdes.
Dem hat das Landgericht im wesentlichen stattgegeben. Die Berufung des Beklagten blieb weitestgehend erfolglos.
Zunächst einmal hatte ein Sachverständiger die Operationsnarbe als Mangel angesehen. Die Operation eines Pferdes stelle einen wertbildenden Faktor da, mit der der Käufer nicht rechne. Sie beinhalte die Gefahr weiterer Erkrankungen, z.B. Verwachsungen oder Verklebungen. Sie führe zu einem Minderwert des Tieres zwischen jedenfalls 10-30 %, was zusammengefasst eine negative und unübliche Beschaffenheit darstelle, so der Senat. Ob das Weben des Pferdes einen Mangel darstelle, ließ der Senat dahinstehen.
Auch sei Verjährung der Gewährleistungsansprüche nicht eingetreten. Die Vereinbarung einer Mängelgewährleistungsfrist von 3 Monaten ist nach Auffassung der Richter gemäß § 475 Abs. 2 BGB unzulässig, da es sich um einen Gebrauchsgüterkauf handelte. Der Vertrag im übrigen ist auch ohne die Eintragung des Kaufpreises gültig, da man sich ja (unstreitg) einig war und auch einig darüber, den Kaufpreis nicht einzutragen. Eine geltungserhaltende Reduktion der Klausel dahingehend, dass die gesetzlich zulässige Jahresfrist gelten soll, ist nach Auffassung des Gerichts nicht zulässig. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass es der Kläger als Käufer war, der das entsprechende Formular stellte. Der Verkäufer als Unternehmer hätte erkennen müssen, dass dieses Formular ungeeignet ist und kann nicht davon profitieren.
Dem Beklagten stehe auch kein Wertersatz gem. § 346 Abs. 2 BGB zu. dieser Anspruch entfalle, weil der Kläger diejenige Sorgfalt beachtet habe, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflege (§ 346 Abs. 3 Ziff. 3 BGB). Der Kläger habe den Beklagten zeitnah von der Kolik des Pferdes informiert, dieser habe einen Tierarzt beauftragt und nach dessen Anweisungen sei das Pferd auch behandelt worden. Demnach ist der Anspruch des Klägers durch den Tod des Pferdes und der damit verbundenen Unmöglichkeit der Rückgewähr des Pferdes nicht ausgeschlossen worden.
Der Anspruch ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Pferd zwischenzeitlich verstorben ist und der Kläger es dem Beklagten nicht zurückgewähren muss. Der Anspruch auf Schadens- bzw. Aufwendungsersatz aus den §§ 281, 284 BGB bestehe unabhängig von der Regelung des § 347 Abs. 2 BGB , so dass es auf die Frage, ob die Wertersatzpflicht des Klägers nach § 346 Abs. 3 BGB ausgeschlossen ist, für einen Anspruch aus gewährleistungsrechtlichen Vorschriften nicht ankomme. Eine Nutzungsentschädigung hatte das Landgericht bereits gegengerechnet.
Somit hatte der Verkäufer das Nachsehen und muss den Kaufpreis zurückzahlen ohne dass er das Pferd zurückbekommt.
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