Mit der Frage der Verjährung von materiellen und immateriellen Schadensersatzansprüchen musste sich das Oberlandesgericht Koblenz in einem Urteil vom 30.1.2012 (Aktenzeichen 12 U 1178/10) auseinandersetzen.
Die Klägerin hatte am 23.08.1996 einen Verkehrsunfall erlitten, bei dem sie schwer verletzt wurde. die Haftung des Unfallgegners dem Grunde nach war unstreitig. Am 15.4.1999 kam es zwischen der Beklagten und der anwaltlich vertretenen Klägerin zu einer Vergleichs- und Abfindungserklärung. die Klägerin erhielt 82.000 DM und verzichtete im Gegenzug auf alle jetzigen und künftigen Ansprüche aus dem Schadensfall. In der Abfindungserklärung befindet sich folgender handschriftlicher Vermerk: „Einschränkungen siehe Schreiben … vom 12.3.99 und 30.3.99″. In dem Schreiben vom 12.03.1999 werden weitere immaterielle Ansprüche für den Fall, dass eine wesentliche Verschlechterung des gesundheitlichen Zustands der Klägerin eintritt, sowie unfallbedingte Verdienstausfallansprüche ab 8.03.1999 von der Abfindungserklärung ausgenommen. Im Schreiben vom 30.03.1999 werden sämtliche materiellen Zukunftsschäden von dem Vergleichsabschluss ausgenommen.
Die Klägerin erhielt den Abfindungsbetrag. Im Jahre 2007 musste sich die Klägerin unfallbedingt einer Hüftoperation unterziehen. Die Beklagte beruft sich auf Verjährung.
Das Landgericht Trier hatte der Feststellungsklage nach Beweisaufnahme stattgegeben. Das Oberlandesgericht Koblenz wies die Klage nun wegen Verjährung ab.
Die Vergleichs- und Abfindungserklärung sei weder nach Wortlaut noch nach ihrem Zweck ein konstitutives Schuldanerkenntnis (§ 781 BGB). Nach Auffassung der Richter sei kein Anhaltspunkt dafür gegeben, dass die Parteien damals für die materiellen und immateriellen Zukunftsschäden eine selbständige Haftungsgrundlage schaffen wollten. Die Haftung der Beklagten sei auch damals nicht streitig gewesen. Es habe daher nicht der Schaffung einer selbständigen Haftungsgrundlage bedurft.
Die Vergleichs- und Abfindungserklärung in Verbindung mit dem Vorbehalt zukünftiger materieller und immaterieller Schäden sei aber auch kein titelersetzendes Schuldanerkenntnis im Sinne des § 218 Abs. 1 BGB a.F.. Es sei kein ausdrücklicher Verjährungsverzicht aufgenommen worden. Allein die Interessenlage der Geschädigten könne eine dahingehende Auslegung der Erklärung nicht begründen. Der Interessenlage der Beklagten hätte ein solcher Verjährungsverzicht nicht entsprochen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Absicht der Klägerin Klage einzureichen, wenn es nicht zu der Vereinbarung kommen werde. Dass eine solche Klage bei Regulierungsverhandlungen immer im Raum steht, reiche für die Annahme einer Klaglosstellung durch die Abgabe eines titelersetzenden Anerkenntnisses von Seiten der beklagten Versicherung nicht aus.
Auch ein stillschweigender Verzicht auf die Einrede der Verjährung könne nicht unterstellt werden. Hierfür fänden sich keine Anhaltspunkte in der Vereinbarung.
Mit Abschluss des Vergleichs vom 15.4.1999 endete die Hemmung der Verjährung. Dies gelte auch für die vorbehaltenen Zukunftsschäden.
Damit dürfte der damalige Rechtsvertreter der Klägerin ein Haftungsproblem haben.
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